Angekommen in Bariloche

Angekommen in Bariloche

Kategorie Reiseberichte Datum 07.11.2025 Autor GABI


Zwischen Alpenillusion und Patagonienmagie

Die Fahrt nach Bariloche war schon ein Erlebnis für sich: Erst endlose Steppe, dann ein einsamer Stausee, ein Sturm, der über uns hinwegfegte – und schließlich diese schneebedeckten Andenkämme, die plötzlich in der Ferne auftauchten. Als würden sie sagen: Ihr seid gleich da… und es wird anders werden.


Bariloche liegt eingebettet zwischen hohen Bergen und dem riesigen Nahuel-Huapi-See, dessen Wasser im Abendlicht fast schwarzblau schimmert. Als wir am späten Nachmittag auf dem RV-Stellplatz ankamen, war die Luft kühl, der See ruhig und Möhre der gemütlichste Ort der Welt. Wir sind nur noch schnell einkaufen gegangen und haben uns dann einen entspannten Abend gemacht – genau der richtige Einstieg nach dieser Fahrt.


Schon auf dem Weg durch die Stadt spürten wir, dass Bariloche aus der Reihe tanzt. Saubere Straßen, sehr gepflegte Häuser, viel Grün. Und immer wieder hörten wir: „Die argentinische Schweiz.“


Warum Bariloche wie die Schweiz aussieht – und wer das wollte

Diese Alpenoptik kommt nicht von ungefähr. Sie ist eine Inszenierung. Eine sehr gezielte noch dazu.

Primo Capraro: Ein italienischstämmiger Unternehmer, der Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Holz- und Steingebäude im „Schweizer Stil“ baute. Er liebte alpine Architektur – und erkannte früh, dass man damit Touristen anziehen kann.


Exequiel Bustillo: In den 1930er-Jahren Präsident der Nationalparkverwaltung Nahuel Huapi. Er hatte eine klare Vision: Bariloche soll das Schweizer Davos Südamerikas werden. Bustillo ließ ganze Stadtbereiche gezielt in Alpenoptik gestalten: Steingebäude, Holzbalkone, Giebel, Türmchen. Ein klar durchdachtes Marketingkonzept, um Wohlstand, Idylle und europäisches Flair zu vermitteln.


Und ja – dieses Konzept funktioniert bis heute. Bariloche ist eines der erfolgreichsten Touristenzentren Argentiniens.


Und wie fanden wir es?

Ganz ehrlich: Man merkt, dass hier versucht wurde, die Schweiz nachzubauen – aber es wirkt nicht ganz authentisch. Die Architektur ist nett, aber sie hat nicht diese Harmonie, die echte Alpenorte ausstrahlen. Sie bleibt eine Art Kulisse. Das, was Bariloche wirklich besonders macht, ist nicht die Stadt. Es ist die Natur.


Zu Fuß in die Stadt – und warum man ohne SUBE-Karte nicht weit kommt

Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich mit dem Bus in die Stadt fahren. Eigentlich. Denn Busfahren funktioniert hier nur mit der SUBE-Karte – Bargeld wird nicht akzeptiert.


Die wichtigsten Infos für Reisende:

  • SUBE-Karten gibt es in Kiosken oder Tankstellen.
  • Man lädt sie vorher mit Guthaben auf.
  • Eine Karte kann für mehrere Personen genutzt werden.
  • Ohne SUBE fährt man eben nicht mit.


Da wir keine Karte auftreiben konnten, sind wir zu Fuß gegangen. Der Weg führt leider ausschließlich an der Hauptstraße entlang. Keine kleinen Wanderwege, keine Alternativen, kein charmanter Pfad in die Stadt. In der Hochsaison muss das hier eine einzige Blechlawine sein – wir waren ehrlich erleichtert, zu dieser ruhigeren Zeit unterwegs zu sein.


Bariloches Sehenswürdigkeiten – und ein Denkmal, das mehr erzählt, als man vielleicht möchte

Wir haben uns die Kathedrale von Bariloche angesehen – zumindest von außen, denn hinein kamen wir nicht. Und ganz ehrlich: Auf den ersten Blick könnte sie genauso gut irgendwo in Deutschland stehen. 


Diese Kirche wirkt europäisch – und das aus gutem Grund.


Gebaut wurde sie zwischen 1942 und 1946, entworfen vom berühmten argentinischen Architekten Alejandro Bustillo. Er liebte den europäischen Stil und ließ sich für dieses Gebäude stark von der französischen Neogotik inspirieren: hohe Spitzbögen, graue Steinquader, klare Linien. Die farbigen Glasfenster wurden 1947 eingesetzt – auch sie lehnen sich an europäische Traditionen an.


Es ist eine der jüngsten Kathedralen des Landes, aber sie wirkt, als hätte man sie direkt aus Mitteleuropa hierher gestellt. Vielleicht ein weiterer Versuch, das Bild der „argentinischen Schweiz“ zu befestigen. Man spürt, dass Bariloche bewusst in dieses alpine, europäische Gewand gesteckt wurde – und die Kathedrale fügt sich da perfekt ein, auch wenn sie historisch keinen alten Ursprung hat.


Dann standen wir auf dem Centro Cívico, dem Platz, der fast wie ein Alpen-Dorfplatz aussieht. Dort steht das berühmte Reiterdenkmal von Julio Argentino Roca. Offiziell gilt er als „Befreier Patagoniens“. Die Realität sieht anders aus: Roca war der Anführer des sogenannten Wüstenfeldzugs (Conquista del Desierto) im späten 19. Jahrhundert – einer Militärkampagne, bei der indigene Gruppen Patagoniens brutal vertrieben, ermordet oder versklavt wurden. Die Mapuche und Tehuelche kämpften, so gut sie konnten, hatten aber keine Chance gegen eine moderne Armee.


Heute spricht man offen darüber, dass es ein Genozid war. Und viele Argentinier fordern, dieses Denkmal endlich zu entfernen.


Wer das nicht weiß, steht dort und liest „Befreier“… und spürt, wie sehr Geschichte von Formulierungen abhängt.


Unser Fazit nach dem ersten Tag

Bariloche ist ein Ort mit zwei Gesichtern: Die Stadt selbst wirkt touristisch, laut, etwas künstlich. Viel Messe-Charakter, viele Hotels, viel Shopping. Die „Schweizer Architektur“ ist interessant – aber für uns nicht wirklich schön.

Doch dann schaut man sich um … und da sind sie:
Die Berge.
Der See.
Das Licht.
Die Weite.
Dieses patagonische Gefühl von Raum und Freiheit.


Abends haben wir es uns wieder in Möhre gemütlich gemacht, den Tee gekocht, die Füße ausgestreckt und Pläne geschmiedet, was wir rund um Bariloche noch entdecken wollen. Und plötzlich war sie wieder da: diese Freude darauf, was der nächste Tag bringt.

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