Auf der Ruta de los Siete Lagos

Auf der Ruta de los Siete Lagos

Kategorie Reiseberichte Datum 20.11.2025 Autor GABI


Ein Tag zwischen Wolken, Wasser und Wildnis

Manchmal beginnt ein Tag so, als hätte er selbst noch nicht entschieden, was aus ihm werden soll. Grau. Schwer. Wolken, die tief hängen wie Gedanken, die man noch nicht sortiert hat. Genau so startete unsere Fahrt auf der legendären Ruta de los Siete Lagos, der Straße der sieben Seen – einer der schönsten Abschnitte der Ruta Nacional 40.


Und während andere vielleicht enttäuscht wären, dass die Sonne sich hinter einem dicken Vorhang versteckt, waren wir fast erleichtert.
Möhre hat keine Klimaanlage.
Und so fuhren wir los, bei angenehmer Kühle, eingehüllt in ein Licht, das alles weicher erscheinen ließ.



Eine Straße wie ein leises Gedicht

Die Ruta 40 ist ein Mythos. Sie begleitet Argentinien wie eine Lebenslinie – 5.000 Kilometer von Patagonien bis Bolivien. Der Abschnitt zwischen Villa La Angostura und San Martín de los Andes entstand in den 1960er/70er Jahren, als man die entlegenen Regionen des Nordpatagoniens besser erschließen wollte. Erst später wurde er asphaltiert – und erst dadurch wurde die Seenroute zu dem, was sie heute ist:
Ein magnetischer Anziehungspunkt für Reisende, Träumer, Abenteurer.


Die Seen selbst – Correntoso, Espejo, Villarino, Falkner, Machónico, Lácar und Escondido – sind Überbleibsel der letzten Eiszeit. Gigantische Gletscher haben hier Täler ausgeschabt, in denen sich das türkisfarbene Wasser sammelt, das heute so ikonisch für Patagonien ist.


Und ja, es stimmt:
Ein See folgt dem nächsten, fast wie an einer Perlenkette.
Und irgendwann ist es so viel Schönheit, dass man still wird.
Fast gesättigt.
Fast überwältigt.



Wolken, Wind und Ginster in voller Blüte

Norbert fuhr.
Ich saß auf dem Beifahrersitz und ließ mich von der Landschaft tragen.


Rechts und links blühender Ginster, so gelb, so kräftig, dass es fast nach Sommer aussah, obwohl der Himmel anderes behauptete. Der Wind pfiff über die Straße, Wolkenschwaden jagten an den Bergflanken entlang, und immer wieder tauchten die kleinen, liebevoll angelegten Aussichtspunkte auf. Manche mit Holzplattformen, manche mit Steinmauern – perfekt, um einfach kurz aus der Zeit zu fallen.


Ich dachte mehr als einmal:
Wie muss es hier erst in der Saison sein?
Autos, Menschenmengen, Selfie-Horden.
Und wir – ganz allein auf weiter Strecke.
Ein stilles Geschenk.



Villa La Angostura – hübsch, touristisch, lebendig

Die Route führt direkt durch Villa La Angostura, das oft „die Gartenstadt Patagoniens“ genannt wird. Gegründet wurde sie 1932, als man begann, die Region touristisch zu erschließen. Der Ort liegt im Nationalpark Nahuel Huapi und ist bis heute einer der wichtigsten Ski- und Sommerorte der Region.


Die Architektur?
Holzhäuschen, Shabby-Chic, Schaufenster voller Dinge, die man nicht braucht, aber gerne anschaut.
Süß, verspielt – ja, auch touristisch.
Aber wir mochten es.


Wir fanden fast im Zentrum einen Stellplatz, liefen durch die Straßen, kauften ein paar Kleinigkeiten, bummelten, atmeten diese leichte, frische Bergluft. Und irgendwann entschieden wir:
Wir bleiben einfach über Nacht.


Es war nicht spektakulär.
Es war angenehm – und genau das brauchten wir.



Weiter Richtung San Martín – Regen, Wind und ein Versprechen von Sonne

Am nächsten Morgen zeigte der Himmel noch immer dieselbe Laune. Kalter Wind, Nieselregen, graue Vorhänge über den Bergen.
Also Blick in die Wetter-App.
Und siehe da:
San Martín de los Andes – Sonne, 20 Grad.


Also weiter durch dieses melancholisch schöne Patagonien.
Durch Nadelwälder, über Flüsse, entlang weiterer Seen.
Und immer begleitet von diesem leuchtenden Ginster, der wie kleine Sonnen am Straßenrand brannte.



Ankunft in San Martín de los Andes – und plötzlich wird alles leicht

San Martín wurde 1898 gegründet, ursprünglich als Militärsiedlung, um die Region gegen Chile abzusichern. Heute ist es ein charmanter Ort mit Holzfassaden, Cafés, kleinen Läden und einer Promenade am Lago Lácar, die im Abendlicht glitzert.


Wir parkten neben einem Kanal, inmitten von Einheimischen. Ruhig. Ordentlich.
Menschen, die grüßen.
Kein Stress.
Und ein Hauch von internationalem Flair – Backpacker, Reisende, Familien.


Und dann der Moment:
Der erste richtig gute Kaffee seit langer Zeit.
Dazu Minikuchen.
Winzig, aber perfekt.
Solche kleinen Dinge werden auf Reisen plötzlich groß.


Wir wussten sofort:
Hier bleiben wir. Ein paar Tage.



Zwischen Erkältung, Bergen und weichem Licht

Ich hatte mich erkältet.
Also blieb ich im Bett in Möhre, eingekuschelt, während draußen die Sonne schien.
Norbert wanderte.
Kam zurück mit funkelnden Augen und Geschichten über Ausblicke, die selbst an grauen Tagen atmen lassen.


Abends saßen wir am See.
Sonnenuntergang.
Warmes Licht auf der Wasseroberfläche.
Ein bisschen Urlaubsgefühl inmitten des Reisens.
Ein Unterschied, den man irgendwann versteht:
Urlaub entschleunigt.
Reisen verändert.



Nach zwei Tagen – weiter Richtung Süden

Mit weichem Herzen und vollem Akku fuhren wir wieder los.
Zurück auf die Ruta 40.
Zurück in die Weite.


Und ich dachte wieder:
Diese Straße ist mehr als Asphalt.
Sie ist ein stiller Begleiter – einer, der nicht viel sagt, aber vieles zeigt.




Factsheet: Ruta de los Siete Lagos (Sieben-Seen-Route)

Überblick

Die Ruta de los Siete Lagos ist ein rund 110 km langer Abschnitt der Ruta Nacional 40 zwischen Villa La Angostura und San Martín de los Andes. Sie gehört zu den landschaftlich schönsten Strecken Argentiniens.


Entstehung & Hintergrund

  • Entstehung: In den 1960er–70er Jahren begann der Ausbau, um Patagoniens Seenregion besser zu erschließen.
  • Asphaltierung: Erst später vollständig geteert – dadurch wurde sie touristisch sehr bedeutend.
  • Gletscherlandschaft: Die Seen sind Überreste der letzten Eiszeit und liegen eingebettet in Täler, die gewaltige Gletscher geformt haben.
  • Nationalparks:Die Strecke führt durch den
    • Parque Nacional Nahuel Huapi
    • Parque Nacional Lanín


Die sieben Seen

1. Lago Correntoso
Türkis, klar, Lieblingssee vieler Reisender. Hier befindet sich einer der kürzesten Flüsse der Welt (Río Correntoso, ca. 200 m).

2. Lago Espejo
„Spiegelsee“ – bekannt für sein ruhiges Wasser, das Berge und Himmel reflektiert.

3. Lago Villarino
Umgeben von dichten Wäldern; ein beliebter Stopp für Wanderungen.

4. Lago Falkner
Nah am Straßenrand gelegen, mit kleinen Buchten und perfekten Picknickplätzen.

5. Lago Escondido
Klein, verborgen – wie der Name sagt: „der Versteckte“. Romantisch & ruhig.

6. Lago Machónico
Schmal, langgezogen, eingerahmt von dunklen Wäldern. Toller Aussichtspunkt!

7. Lago Lácar
Der See von San Martín de los Andes; tiefblau, groß und eingerahmt von Bergen.


Highlights unterwegs

  • Zahlreiche Miradores (Aussichtspunkte) mit spektakulären Panoramen
  • Blühender Ginster im Frühling – leuchtende gelbe Straßenränder
  • Fast durchgehend tolle Straßenbedingungen
  • Das charmante, touristische Villa La Angostura
  • Die entspannte Hafenstadt San Martín de los Andes
  • Glasklare Seen, Wälder, Flüsse – perfekt auch bei schlechtem Wetter
  • Weniger Besucher in der Nebensaison – große Ruhe & mehr Natur


Tipps für Reisende

Beste Reisezeit:

  • Nebensaison (Oktober/November & März/April): Weniger Verkehr, mildes Wetter
  • Januar/Februar: sehr voll – Stau an Aussichtspunkten


Straßenbedingungen:

  • Komplett asphaltiert, gut zu fahren
  • Vorsicht bei starkem Wind (sehr typisch für Patagonien)


Parken & Pausen:

  • Viele sichere Haltebuchten und Aussichtspunkte
  • Villa La Angostura & San Martín haben breite Parkzonen und Campingmöglichkeiten


Tanken:

  • Möglichst in Villa La Angostura oder San Martín tanken – dazwischen kaum Optionen.


Essen & Einkaufen:

  • Villa La Angostura: touristisch, viele Läden & Cafés
  • San Martín: tolle Bäckereien, guter Kaffee, entspanntes Flair


Wetter:

  • Schnell wechselnde Bedingungen: von Sonne zu Regen in Minuten
  • In den Bergen immer eine Schicht mehr einpacken


Achtung:

  • In der Hochsaison können bis zu 1.000 Autos pro Tag (!) unterwegs sein
  • Handyempfang ist oft schlecht – Offline-Maps speichern


Fototipps

  • Früh morgens oder spät nachmittags sind die Seen besonders fotogen
  • Polarfilter mitnehmen (weniger Spiegelungen auf dem Wasser)
  • Aussichtspunkte „Mirador del Lago Machónico“ & „Mirador del Lago Falkner“ sind Pflicht
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