Zwischen Ruhe, Flussrauschen und einem Mythos namens El Bolsón

Zwischen Ruhe, Flussrauschen und einem Mythos namens El Bolsón

Kategorie Reiseberichte Datum 26.11.2025 Autor GABI

El Bolson

Eine Geschichte über Ankommen, Loslassen und Weiterziehen


Nach fast einer Woche spürte ich dieses leise Ziehen wieder. Ein Zeichen, das sich irgendwo zwischen Brustkorb und Fernweh formt und sagt: „Es ist Zeit.“


Zeit, weiter in den Süden zu fahren, tiefer hinein in dieses lange, raue, wunderschöne Band namens Ruta 40. Die Tage zuvor hatten uns gutgetan. Man denkt ja manchmal, man könne Eindrücke sofort in Worte gießen – aber das stimmt nicht. Manche Momente brauchen Stille. Ruhe. Tage, an denen man einmal nicht unterwegs ist, sondern einfach nur ist.


Unser Weg führte uns weiter südlich, Richtung El Bolsón – dieser Stadt, die seit Jahrzehnten als Hippie-Hochburg gilt, obwohl sie eigentlich nie so richtig eine war. Der Mythos stammt aus den 70er-Jahren. Damals suchten viele junge Menschen einen Ort, an dem sie abseits der großen Städte leben konnten – frei, naturverbunden, mit dem Wunsch nach einem alternativen Leben. Einige fanden dieses Tal mit seiner milden Temperatur, seinem fruchtbaren Boden und seiner Nähe zu den Bergen. Und so entstand ein Ruf, der bis heute bleibt: El Bolsón – die Hippiestadt.


Die Wahrheit? Heute ist es eher ein Mix aus entspannter Atmosphäre, Künstlern, Aussteigern, Reisenden und Menschen, die ihr Leben einfach ein bisschen bunter gestalten möchten. Hippie ist hier mehr Gefühl als Realität.


Wir ließen uns ein paar Kilometer nördlich von El Bolsón nieder – auf einer Farm von Claudia und Klaus. „Abgefahren“ nennt man ihre Geschichte, und das ist wörtlich zu nehmen: 16 Jahre lang waren sie mit Motorrädern um die Welt unterwegs. Dieses Leben steckt in jedem Winkel ihrer Farm.


Das Grundstück öffnete sich in ein langes Tal, und mittendrin schlängelte sich ein Fluss entlang. An heißen Tagen – und davon hatten wir einige, 30 Grad und brennende Sonne – saßen wir oft darunter. Die Bäume warfen Schatten wie schützende Hände, und das Wasser brachte diese Art von Kühle, die man nicht nur spürt, sondern regelrecht aufsaugt.

Die Tage dort waren… ehrlich.


Wir halfen Klaus beim Neubau, hobelten Bretter, verkabelten die Elektrik, verlagen Rohrleitungen, lachten über Schiefgelaufenes und suchten Möbel, die er in seinen Container erst einmal einlagerte. Abende verbrachten wir gemeinsam am Tisch. Es wurde gegessen, erzählt, getrunken und manchmal fast ein bisschen philosophiert.


Solche Begegnungen sind Gold. Nicht geplant, nicht gesucht – aber wertvoll, weil sie das Reisen zu dem machen, was es ist.


Natürlich haben wir auch El Bolsón besucht und den berühmten Kunstmarkt – die Feria Artesanal de El Bolsón. Ein Markt mit Geschichte: Seit den frühen 70er-Jahren treffen sich hier Künstler, Handwerker, Musiker, Reisende und Menschen, die all das lieben, was nicht von der Stange kommt.


Man braucht nichts dringlich, und doch läuft man staunend von Stand zu Stand, sieht geschnitzte Holzfiguren, gewebte Tücher, handgemachte Seifen, Mate-Becher, Schmuck und Dinge, die man nie gesucht hat, aber irgendwie schön findet. Die Verkäufer wirken oft wie aus einer anderen Zeit – lange Röcke, bunte Tücher, Dreadlocks, Leinenhemden. Vielleicht sind sie Hippies. Vielleicht Künstler. Vielleicht beides.


Zwischendurch spielt jemand Gitarre, Kinder tanzen im Staub, und irgendwo zischt eine Empanada in der Pfanne. Genau diese Atmosphäre – dieses leichte, bunte Durcheinander – macht den Markt zu einem Muss.


Und dann… waren da diese 10 Tage.
10 Tage, die wir an ein und demselben Ort blieben.
10 Tage ohne Kilometerzählen, ohne Weiterfahrplan.


Wir wuschen Wäsche, reparierten Kleinigkeiten an Möhrchen, ließen die Gedanken treiben und uns gleich mit.


Es tat gut.

Und irgendwann, ganz leise, kam wieder dieser Moment:
Der, der sagt, dass es weitergeht.
Immer weiter. Richtung Süden. Richtung neuen Geschichten.


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